In diesem Moment sollte und wollte ich eigentlich im Verdo in Hitzacker sitzen – und das Konzert “Orient trifft Okzident” geniessen.
Dummerweise scheint der Fahrer des Shuttlebusses, der die Fußkranken, Pkw-losen und Kulturevent-Trinker (ich lass‘ mal offen, zu welcher Kategorie ich zu zählen bin) von Lüchow über Dannenberg nach Hitzacker transportieren sollte, vergessen zu haben, auch Dannenberg anzufahren. Jedenfalls kam der blöde Bus nicht und ich stand eine halbe Stunde mit wachsender Begeisterung im Nieselregen.
Zu meinen Füssen der typische Müll, der nirgendwo in vergleichbar unappetitlicher Weise zu kumulieren scheint wie an Busbahnhöfen weltweit. New York – Rio – Tokyo – Dannenberg (Elbe): überall dasselbe. Dreimal fuhr eine Polizeistreife laaaaangsam an mir vorbei. Machte ich mich verdächtig, nur weil ich da wie eine streundene Katze auf und ablief? Meinten die, ich plane am Dannenberger Busbahnhof einen neuen Straßenstrich zu etablieren? Wahrscheinlich.
Ich erwarte Wiedergutmachung! Mal gucken, ob das betreffene Busunternehmen mir nicht zumindest einen Kaffeebecher mit seinem werblichen Schriftzug überlassen möchte für den versauten Samstagabend. Das wäre ja wohl das Mindeste!
Mir bleibt nicht viel anderes übrig, als mich auf youtube umzusehen… Diese „Arabische Tanz“ stand heute abend zwar nicht auf dem Programm, aber… ich finde ihn wunderschön.
Dazu eine Stulle in der einen und ein Glas Merlot in der anderen Hand. Schmeckt zuhause mit der Wärmflasche an den Füßen sowieso viel besser als inmitten der diversen wendländischen Hinze und Kunzes, die sich heute abend im Verdo gegenseitig auf die Füße trampeln. Was für ein Glück, dass ich da heute abend nicht abhängen muß!
Wie nennt das der Psychologe, wenn man sein Malheur im nachhinein schönredet?
Zweckoptimismus ist das Vademecum des professionellen Wendländers.: Wenn schon der Nahverkehr hakt, hat immerhin saubere Luft. Wenn man schon nicht zwischen Hinz und Kunz sitzen kann, übersieht man auch keinen, der einem das nachträgt. Wenn …
Und überhaupt: war nicht gerade heute in der EJZ ein langer Bericht über die Abenteuer der Polizei auf Streife? Bei euch pfeift der Straps, nachts, in Dannenberg: es war zwar dann doch nur ein Typ in Badelatschen, aber immerhin, mit internationaler Beteiligung.
Santé, Merlot!
Zweckoptimismus! Jetzt weiß ich, welche unschätzbare Qualität mir noch fehlt. Danke für den sachdienlichen Hinweis! Und: Ja, hier im Dannenberg steppt der Bär. Der arme Kamerad in Badelatschen ist glaub ich ein Nachbar von mir. Hier ist was los. Mann, mann, mann! (es gibt keine bessere Gelegenheit, um „Dietmar“ aus „Mord mit Aussicht“ zu zitieren). Liebe Grüße in den tierreichen Süden der Wendland-Republik!
Ich habe dazu gerade ein passendes Zitat vor mir liegen:
„Wer weiß, wozu es gut ist“, sagte meine Mutter immer. Jedes Mal, wenn wir in eine schwierige Situation gerieten, wenn wir zum Beispiel den Zug verpasst hatten oder wenn ich wegen einer ansteckenden Krankheit nicht in den Kindergarten durfte oder mir später die Freundin weglief: „Wer weiß, wozu es gut ist.“ (Jakob Hein: Vielleicht ist es sogar schön)
[Neben dem Zitat klebt übrigens eine uralte Postkarte meines Großvaters an seine Frau und Kinder aus einem Kuraufenthalt. Als letzter Satz steht da: „Sonne- und Regentage wechseln sich ab. Wer weiß wofür es gut ist?“]