Fundstück Nr. 11

Engel auf Haus am St-Annen-Friedhof Dannenberg

Schlafender Engel auf dem Haus Lüchower Straße 2 am St.-Annen-Friedhof Dannenberg

Es musste wohl erst Karfreitag werden, damit ich heute vormittag auf einem Wohnhaus nahe des Dannenberger Prochaskaplatzes diesen kleinen schlafenden Engel entdecken konnte.

Keine Ahnung, wie oft ich in den letzten 40 Jahren an diesem Haus schon vorbeigekommen bin, ohne die kleine Engelsfigur zu bemerken… Bemerkenswert ist – unübersehbar – auch das Haus selbst, das direkt an den seit langem nicht mehr genutzten St.-Annen-Friedhof grenzt. Heute ist es ein Wohnhaus. Hatte es ursprünglich eine andere Funktion?

Haus am St.-Annen-Friedhof Dannenberg

Der Engel ruht auf dem Dachfirst der dem Friedhof zugewandten Giebelseite.

Lange dachte ich Ahnungslose, dieses Gebäude sei die frühere Friedhofskapelle gewesen – auch der schlafende Putto hätte ja ein Hinweis darauf sein können. Aber die Kapelle des St. Annen-Friedhofs wurde schon 1874 abgerissen. Die letzten Bestattungen auf dem Friedhof waren schon drei Jahre vorher erfolgt. Bei der Kapelle soll auch ein Schulhaus gestanden haben. 1805 wurde es aufgegeben.* Wurde das Schulhaus damals ebenfalls abgerissen?

Haus am St.-Annen-Friedhof Dannenberg

Die ungewöhnliche Giebelseite des Hauses von der Straßenseite aus.

Mehr als 300 Jahre lang – mindestens seit 1510 – wurde auf dem St.-Annen-Friedhof die Verstorbenen der Dannenberger Vorstadt Lauben und der umliegenden Dörfer bestattet, ab Beginn des 19. Jahrhunderts auch die der Stadt selbst (letztere waren bis dahin auf dem Kirchhof der St. Johannis-Kirche bestattet worden). Schon 1871 gab man den St.-Annen-Friedhof jedoch auf: vermutlich, weil der Platz langsam knapp wurde und – wichtiger noch – weil man durch die wiederkehrenden Hochwasser der Jeetzel mit seuchenhygienischen Problemen rechnete. Seitdem wird nur noch der außerörtliche Friedhof Lüggau genutzt, bis heute.**

Der St.-Annen-Friedhof steht heute unter Denkmalschutz.

 

* Berndt Wachter: Dannenberg in alten Ansichten, Band 1. Europäische Bibliothek. 1990.

** Rolf Meyer & Norbert Fischer: Tod an der Elbe: Über Friedhöfe und Grabmäler im Wendland… In: Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur, Nr. 118, III, August 2012

5 Kommentare

Eingeordnet unter Allgemein, Fundstück

5 Antworten zu “Fundstück Nr. 11

  1. Eine schöne Entdeckung.
    Weiß man, wie alt dieses Haus ist? Solche Engel sind eher 19. Jh und die Zweiteilung des Giebels erinnert mich an Geschlechtertrennung, wie sie zwar im 19. Jh. auch bei städtischen Schulen zu finden war, aber zum schlafenden Engel würde eher eine Art Krankenhaus passen, eventuell auch eine Art Kinderheim, aber keine Schule: da dürfte der Engel nicht schlafen. Nur meine private und unabgesichert spekulative Vermutung.

  2. Das Alter des Hauses kenne ich nicht. Aber Dein Tipp mit dem Krankenhaus ist womöglich nahe dran. Vielleicht war es ein „Siechenhaus“ – oder ein Nachfolgebau desselben. Habe mich gerade weiter schlau gelesen: Laut B. Wachter gab es in Dannenberg zwei außerhalb der Stadttore gelegene Kapellen, zu denen immer auch ein Friedhof und ein Siechenhaus gehörten. Die eine Kapelle stand bis 1880 am Besenberg vor dem „Marschtor“ (im Osten der Altstadt). Die zweite könnte die Kapelle des St.-Annen-Friedhofs (im Westen vor dem früheren „Drawehner Tor“) gewesen sein.

  3. freshmom

    oh ich mag dieses außergewöhnliche Haus, es ist auch zu allen Jahreszeiten so schön bepflanzt… Schön, dass Du die Geschichte dazu aufgreifst!

  4. „Frische Mutti“, wie schön, hier auch einmal von Dir zu lesen! Ich melde mich noch, um von der Buchpräsentation am 17. zu berichten. Dir erst einmal schöne Ostertage! Liebe Grüße auch an die kleine Emma und den Gatten. Jenny

  5. Das passt gut. Mir war der kleine Engel neulich auch aufgefallen. Meine Mutter, die in Dannenberg zur Schule gegangen ist, kann bestätigen, dass es sich um ein früheres Siechenhaus handelt.

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