1. Januar 2015 · 21:20

„Wendland spezial“ – entdeckt im Kochbuch „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“
Wenn ein Gericht „Wendland spezial“ heißt, komme ich natürlich nicht drum herum, es nachzukochen. Und ich unterbreche dafür sogar meinen Blog-Winterschlaf.
Dabei scheint das Gericht mit dem Wendland in erster Näherung nicht allzu viel zu tun zu haben: nicht die Zutaten, nicht die Zubereitungsweise. Allein: Der Erfinder des Gerichts war in der Vergangenheit häufiger im Wendland unterwegs und hat hier gekocht. Die Umstände, unter denen er seine Mahlzeiten normalerweise auf den Tisch bringt, sind allerdings besonders. So schreibt er zur Herstellung von Kartoffelpüree:
„Wenn die Kartoffeln gar sind, kommt die schwerste Arbeit – das Stampfen. Mit einem normalen Küchenstampfer kommt man bei den Mengen natürlich nicht weit. Du musst also ein geeignetes Werkzeug suchen oder bauen. (Bewährt haben sich Zaunpfosten, 1 Meter lang und 15 cm im Durchmesser).“
Wie bitte? Genau: Dieser Koch kocht in der Regel für eine große Anzahl von Menschen, oft einige Hundert, im Wendland auch gerne einmal einige Tausend.
Der Wendland-spezial-Erfinder heißt Wam Kat, ist Niederländer und unter anderem Mitbegründer des Kollektivs „Rampenplan“. Seit rund 30 Jahren kocht er insbesondere bei Großdemos – und in der Vergangenheit immer wieder auch bei den Castor-Transporten ins Wendland. Sein Buch „Wam Kat’s 24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“, das ich mir vor Kurzem zugelegt habe, ist eine eigenwillige Mischung aus Autobiographie und vegetarisch/veganem Kochbuch und liefert gleichermaßen kenntnisreich wie unterhaltsam Einblicke in verschiedene soziale Bewegungen.

Wam Kats „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“ – erscheinen bei orange press
Jetzt aber erst einmal zu „Wendland spezial“: Traditionell besteht es aus Kartoffelpüree, gebackenem Fenchel und Salat. „Wenn du das gegessen hast, bist du so satt, dass du nie wieder aufstehen willst.“ meint Wam Kat. Hilfreich bei Sitzblockaden. Das leuchtet ein.

Die Hauptzutaten für „Wendland spezial“: Fenchel, Süßkartoffeln, grüne Bohnen
In seinem Kochbuch bietet er eine „sophisticated version“ seines Wendland spezials: mit Süßkartoffeln statt Kartoffeln und mit grünen Bohnen und Tomaten. Bei mir kam noch eine gute Handvoll Cashewnüsse hinzu, die ich eine gute Stunde vorher in ein wenig Wasser eingeweicht hatte.
Auf den von ihm vorgeschlagenen Salat aus Wildkräutern habe ich verzichtet. Wegen der Jahreszeit. Und auch, weil ich mit drei Töpfen auf dem Herd die Grenzen meiner Multitaskingfähigkeiten eindeutig erreicht hatte. Wie machen das nur die Volxküchen, die deutlich größere Mengen an Waren zu besorgen, zu lagern, zu schnippeln, zu verarbeiten und zu servieren haben? Rein logistisch, meine ich. Es ist mir ein Rätsel.

blachierter Fenchel
Anders als im Rezept angegeben habe ich den Fenchel nicht roh paniert, sondern vorher kurz blanchiert. Die Panade habe ich laut Rezept aus 4 Esslöffeln Sojamilch, 1 Esslöffel Mehl, 1 Teelöffel Paprikapulver und einer ordentlichen Prise Salz angerührt.

Sehen aus wie kleine Säugetiere, denen man Kopf und Füße abgehackt hat – sind aber Fenchelhälften.
Kurz paniert und wenige Minuten von beiden Seiten in heißem Öl ausgebraten.

Fenchel in der Pfanne
Die grünen Bohnen (drei Hände voll) habe ich in ein wenig Salzwasser soweit gegart, dass sie noch knackig waren. Vor lauter Eifer habe ich dabei erstens vergessen, ein Foto zu machen und zweitens die Lust verloren, allzu genau im Rezept nachzulesen. Was jetzt folgt, ist also nur teils Original-Wam-Kat, teils ist es Frei-Schnauze. In einer Pfanne 1 Zwiebel und 1 Knoblauchzehe (klein geschnitten natürlich) in ein wenig Olivenöl andünsten, mit einem Schuß Rotweinessig ablöschen, 1 Teelöffel Thymian dazu sowie eine Handvoll geviertelte Kirschtomaten. Einige Minuten schmurgeln lassen, dann die Bohnen dazugeben, noch einmal eine Weile schmurgeln lassen. Petersilie , Salz und Pfeffer und ein wenig Zitronensaft dazu, fertig.

Süßkartoffeln mit Cashew-Sahne: Stampfen!
Die Süßkartoffel (ein recht großes Exemplar) habe ich in Gemüsebrühe gegart, die Brühe anschließend abgegossen. Die eingeweichten Cashewnüsse habe ich zusammen mit dem Wasser im Mixer zu „Cashew-Sahne“ verarbeitet (geht im Zweifelsfall auch mit dem Pürierstab) und zu den Süßkartoffeln gegeben. Dann, klar, war Stampfen angesagt. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, Muskat.

Dinner is prepared
Lecker. Nahrhaft. Sättigend.
Andere Gerichte in Wam Kats Kochbuch heißen „Friedensburger“ (mit rein pflanzlicher Mayo und selbstgemachten Ketchup) oder „Sitzblockade“ (Kartoffelpüree mit Endiviensalat) und stehen schon auf meiner Liste für die nächsten Kochaktionen. Zunächst aber will ich mich in all das Wissenswerte vertiefen, das das Buch neben den reinen Kochrezepten liefert. Kann Essen die Welt verändern? Wam Kat meint: Ja.
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