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Wendland-Vorurteile und noch ein Kugelis-Rezept

Was ist den Wendländern nicht schon alles unterstellt worden? In neuerer Zeit: Wir seien „ebenso stur wie pleite“.*

Viel älter und bekannter (und seltsam beliebt) ist aber wohl das Zitat, das den Hiesigen einen besonderen Hang zum „fressen und sauffen“ unterstellt:

„… ihre meiste Andacht ist sauffen; sagen öffentlich, wo sie ihre erwehlete Festage nicht feyreten, daß ist freßen und söffen, hetten Sie und ihr Vieh kein glück. … je hoher fest, je mehr tonnen [Bier]…“

Soweit die Erkenntnisse von Joachim Hildebrand, Ober-Superintendent von Lüneburg-Celle, aus dem Jahre 1671 über die wendländischen Bauern.**

Diese Unterstellungen, gerne weitergetragen ohne jegliche Quellenkritik („ebenso stur wie pleite“ – das schreibt ein Uelzener. Hallo?!), gehen mir ja so was von auf den Keks. Aber wenn ich sehe, wie sich mein Blog heimlich-still-und-leise zum Kochblog entwickelt, muß ich eingestehen: Es ist alles wahr. Ja, (fr)essen ist toll. Da geht nichts drüber. Außer schlafen vielleicht.

Darum gibt es heute mal wieder etwas zum Essen / zum Kochen. Immerhin sehe ich zu, dass das, was ich hier an Rezepten vorstelle, zumindest irgendwie/am Rande/ein bißchen mit dem Wendland zu tun hat. Das ist die mir selbst gestellte Bedingung.

Heute gab es mal wieder Kugelis. Dieser litauische Kartoffelkuchen, den mein Opa Erich ins Wendland und in die Familie mitgebracht hat, funktioniert auch in einer rein pflanzlichen Variante.

Das ursprüngliche Rezept habe ich kaum abgewandelt. Anstelle der Kuhmilch im Ursprungsrezept habe ich Cashewmilch verwendet und die Eier durch Kichererbsenmehl mit ein wenig Wasser ersetzt. Und ich habe die Kartoffeln noch durch Pastinaken und eine Mohrrübe ergänzt.

Die Zutaten

  • 2 Pastinaken, 1 Mohrrübe und Kartoffeln (insgesamt ca. 1 kg)
  • 1 Handvoll Cashewnüsse
  • 1 große Tasse Wasser
  • 3 gestrichene EL Kichererbsenmehl (Soja- oder Hanfmehl soll genausogut funktionieren)
  • 6 EL Wasser
  • 1 Zwiebel
  • 1 Lauchstange
  • Öl für die Form
  • Salz, Pfeffer

Die Cashewnüsse eine Stunde (oder über Nacht) in Wasser einweichen, sie dann zusammen mit dem Einweichwasser im Mixer zu Cashewmilch pürieren. Aus dem Kichererbsenmehl mit etwas Wasser eine Art “Ei” anrühren.

Cashewmilch und Co

Links die blütenrein-weiße Cashewmilch, rechts das Kichererbsen-Ei, das – was für eine Überraschung – verquirlter Sägespäne ähnelt.

Kartoffeln, Pastinaken und die Möhre fein raspeln.

Reine Handarbeit

Reine Handarbeit

Zwiebeln in Würfel und Lauchstange in feine Ringe schneiden und in ein wenig Öl kurz andünsten. Alle Zutaten vermengen und kräftig mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Kugelis bevor es in den Ofen kommt

Kugelis, bevor es in den Ofen kommt.

In eine gefettete Auflaufform geben, glatt streichen und etwa eine Stunde bei 200 Grad backen bis die Oberfläche leicht gebräunt ist.

Und so sieht das fertige Kugelis aus.

Kugelis

Irgendwie ist dieses Gericht ziemlich häßlich. Darum auch der bunte Salat daneben und das Glas Rosé dahinter. Gedacht als ästhetische Ablenkungsmanöver.

Und geschmacklich? Keine kulinarische Offenbarung, aber durchaus etwas für “alle Tage”. Beim nächsten Mal backe ich das Ganze aber besser auf einem tiefen Backblech – das gibt mehr schöne Kruste.

 

* „…ebenso stur wie pleite…“: Diese Aussage über den „Kreis, den keiner will“ (so die treffende Headline des Beitrags) stammt von einem Redakteur der Allgemeinen Zeitung Uelzen.

** Wer mehr über die Hintergründe des beliebten fressen-und-sauffen-Zitats wissen will, wird auf den Seiten des Heimatkundlichen Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg (HALD) fündig: Hier! kann man einen verschriftlichen Kurzvortrag zum Thema herunterladen.

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Nachgekocht: Wendländischer Kartoffelkuchen à la Meyer-Kirstein

Kartoffelkuchen-Zutatencheck: Habe ich alles da?

Mein erster Urlaubstag. Wenn ich schon nicht gen Süden reise, dann soll es zumindest eine Pizza zum Abendessen sein. Aber nicht irgendeine, sondern die Kartoffelpizza (im Original heißt das Rezept „Kartoffelkuchen“) aus dem Wendland Kochbuch von Karin Meyer-Kirstein aus der Edition Limosa, dem „Heimatbuchverlag“ mit Sitz im wendländischen Clenze.

Das Wendland Kochbuch steht schon seit rund einem Jahr ungenutzt in meinem überquellenden Kochbuch-Regal. Bis jetzt haben mich die Rezepte im Wendland Kochbuch nicht wirklich angelacht. Dazu kommen sie größtenteils zu schlicht daher. Und ich koche einfach zu ungern nach Rezept, um mich für Allerwelts-Rezepte durch eine Zubereitungsanweisung zu hangeln. Nicht zuletzt irrititerte mich die inflationäre Verwendung von Schmelzkäse in vielen der Gerichte. Was ist das? Typisch 70er-Jahre-Küche? Oder „typisch Landfrauenküche“, wie Kollegin S. meint? Keine Ahnung.

Nachdem jedoch die Elbtalaue-Wendland Touristik den Kartoffelkuchen auf ihrer Internetseite als „Rezepttipp Sommer“ präsentiert, wollte ich Karin Meyer-Kirstein und ihrem Wendland Kochbuch mal eine Chance geben.

Kartoffelig ist am Kartoffelkuchen im übrigen nur der Teig. Ein einfacher Hefeteig (225 ml erwärmte Milch, 1 Beutel Trockenhefe, 400 g Mehl, 3-4 Esslöffel Öl, Salz) wird durch durchgedrückte Pellkartoffeln (300 g) ergänzt. Statt mit einer Kartoffelpresse habe ich die Pellkartoffeln für den Teig von Hand „zermanscht“ – geht auch. Und die winzigen Kartoffelstückchen im ausgerollten Teig sehen irgendwie apart aus.

Teig-Ästhetik. Mir gefällt’s.

Aus 750 g Tomaten, 1 Zwiebel und zwei Knoblauchzehen und einer Handvoll frischem Basilikum eine Tomatens0ße kochen und diese auf dem auf einem Blech ausgerollten Teig verteilen. Ich habe das Rezept insofern abgewandelt, als ich nur etwa die Hälfte der Tomaten für das Zubereiten der Tomatensoße verwendet, die andere Hälfte roh in Scheiben auf die Pizza gelegt habe. Obendrauf kam bei mir gewürfelter Mozzarella. Noch ein paar Sprenkler Olivenöl drüber und ab in den Ofen. 25 Minuten bei 225 Grad.

Dinner is prepared.

Der Teig gelang sehr locker und luftig. Ob es an den Pellkartoffeln lag oder am verwendeten Dinkelmehl oder einfach an meiner herausragenden Knetkompetenz, bleibt offen. Das Rezept ist unspektakulär, aber lecker und der Kartoffel-Hefeteig kommt bei nächster Gelegenheit sicher noch einmal zum Einsatz. Dann vielleicht in einer süßen Variante mit Zwetschgen?

Das Rezept für den Kartoffelkuchen gibt’s im Buch auf Seite 138 oder auf der Homepage der Elbtalaue-Wendland Touristik hier.

Noch einmal grundsätzlich zum Wendland Kochbuch: Wer wenig Kocherfahrung hat und/oder gern nach Rezept kocht, wer alltagstaugliche Rezepte für das ganze Jahr und jede Gelegenheit sucht und sich an dem oben erwähnten Schmelzkäse-Phänomen nicht stört, ist mit dem Wendland Kochbuch gut bedient. Für Kochanfänger ist das Buch auch insofern gut geeignet als Karin Meyer-Kirstein im Anhang viele Begriffe und gebräuchliche Maße kurz erläutert.  Im Rezeptteil gibt sie in der Rubrik „Das empfiehlt die Köchin“ viele zusätzliche Tipps und Kniffe.

Neben den Rezepten finden sich im Wendland Kochbuch zahlreiche Fotos aus der Region und „Gastautoren“ schreiben kurzweilig beispielsweise über „Slachteköst up’n Dörp“ (Dietrich Mozen), das „Historische Wendland“ (Wolfgang Jürries) oder „Braukunst im Wendland“ (Mathias Edler) – um nur einige zu nennen.

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