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Wendland-Vorurteile und noch ein Kugelis-Rezept

Was ist den Wendländern nicht schon alles unterstellt worden? In neuerer Zeit: Wir seien „ebenso stur wie pleite“.*

Viel älter und bekannter (und seltsam beliebt) ist aber wohl das Zitat, das den Hiesigen einen besonderen Hang zum „fressen und sauffen“ unterstellt:

„… ihre meiste Andacht ist sauffen; sagen öffentlich, wo sie ihre erwehlete Festage nicht feyreten, daß ist freßen und söffen, hetten Sie und ihr Vieh kein glück. … je hoher fest, je mehr tonnen [Bier]…“

Soweit die Erkenntnisse von Joachim Hildebrand, Ober-Superintendent von Lüneburg-Celle, aus dem Jahre 1671 über die wendländischen Bauern.**

Diese Unterstellungen, gerne weitergetragen ohne jegliche Quellenkritik („ebenso stur wie pleite“ – das schreibt ein Uelzener. Hallo?!), gehen mir ja so was von auf den Keks. Aber wenn ich sehe, wie sich mein Blog heimlich-still-und-leise zum Kochblog entwickelt, muß ich eingestehen: Es ist alles wahr. Ja, (fr)essen ist toll. Da geht nichts drüber. Außer schlafen vielleicht.

Darum gibt es heute mal wieder etwas zum Essen / zum Kochen. Immerhin sehe ich zu, dass das, was ich hier an Rezepten vorstelle, zumindest irgendwie/am Rande/ein bißchen mit dem Wendland zu tun hat. Das ist die mir selbst gestellte Bedingung.

Heute gab es mal wieder Kugelis. Dieser litauische Kartoffelkuchen, den mein Opa Erich ins Wendland und in die Familie mitgebracht hat, funktioniert auch in einer rein pflanzlichen Variante.

Das ursprüngliche Rezept habe ich kaum abgewandelt. Anstelle der Kuhmilch im Ursprungsrezept habe ich Cashewmilch verwendet und die Eier durch Kichererbsenmehl mit ein wenig Wasser ersetzt. Und ich habe die Kartoffeln noch durch Pastinaken und eine Mohrrübe ergänzt.

Die Zutaten

  • 2 Pastinaken, 1 Mohrrübe und Kartoffeln (insgesamt ca. 1 kg)
  • 1 Handvoll Cashewnüsse
  • 1 große Tasse Wasser
  • 3 gestrichene EL Kichererbsenmehl (Soja- oder Hanfmehl soll genausogut funktionieren)
  • 6 EL Wasser
  • 1 Zwiebel
  • 1 Lauchstange
  • Öl für die Form
  • Salz, Pfeffer

Die Cashewnüsse eine Stunde (oder über Nacht) in Wasser einweichen, sie dann zusammen mit dem Einweichwasser im Mixer zu Cashewmilch pürieren. Aus dem Kichererbsenmehl mit etwas Wasser eine Art “Ei” anrühren.

Cashewmilch und Co

Links die blütenrein-weiße Cashewmilch, rechts das Kichererbsen-Ei, das – was für eine Überraschung – verquirlter Sägespäne ähnelt.

Kartoffeln, Pastinaken und die Möhre fein raspeln.

Reine Handarbeit

Reine Handarbeit

Zwiebeln in Würfel und Lauchstange in feine Ringe schneiden und in ein wenig Öl kurz andünsten. Alle Zutaten vermengen und kräftig mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Kugelis bevor es in den Ofen kommt

Kugelis, bevor es in den Ofen kommt.

In eine gefettete Auflaufform geben, glatt streichen und etwa eine Stunde bei 200 Grad backen bis die Oberfläche leicht gebräunt ist.

Und so sieht das fertige Kugelis aus.

Kugelis

Irgendwie ist dieses Gericht ziemlich häßlich. Darum auch der bunte Salat daneben und das Glas Rosé dahinter. Gedacht als ästhetische Ablenkungsmanöver.

Und geschmacklich? Keine kulinarische Offenbarung, aber durchaus etwas für “alle Tage”. Beim nächsten Mal backe ich das Ganze aber besser auf einem tiefen Backblech – das gibt mehr schöne Kruste.

 

* „…ebenso stur wie pleite…“: Diese Aussage über den „Kreis, den keiner will“ (so die treffende Headline des Beitrags) stammt von einem Redakteur der Allgemeinen Zeitung Uelzen.

** Wer mehr über die Hintergründe des beliebten fressen-und-sauffen-Zitats wissen will, wird auf den Seiten des Heimatkundlichen Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg (HALD) fündig: Hier! kann man einen verschriftlichen Kurzvortrag zum Thema herunterladen.

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Nachgekocht: „Wendland spezial“

"Wendland spezial" - entdeckt im Kochbuch "24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung"

„Wendland spezial“ – entdeckt im Kochbuch „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“

Wenn ein Gericht „Wendland spezial“ heißt, komme ich natürlich nicht drum herum, es nachzukochen. Und ich unterbreche dafür sogar meinen Blog-Winterschlaf.

Dabei scheint das Gericht mit dem Wendland in erster Näherung nicht allzu viel zu tun zu haben: nicht die Zutaten, nicht die Zubereitungsweise. Allein: Der Erfinder des Gerichts war in der Vergangenheit häufiger im Wendland unterwegs und hat hier gekocht. Die Umstände, unter denen er seine Mahlzeiten normalerweise auf den Tisch bringt, sind allerdings besonders. So schreibt er zur Herstellung von Kartoffelpüree:

„Wenn die Kartoffeln gar sind, kommt die schwerste Arbeit – das Stampfen. Mit einem normalen Küchenstampfer kommt man bei den Mengen natürlich nicht weit. Du musst also ein geeignetes Werkzeug suchen oder bauen. (Bewährt haben sich Zaunpfosten, 1 Meter lang und 15 cm im Durchmesser).“

Wie bitte? Genau: Dieser Koch kocht in der Regel für eine große Anzahl von Menschen, oft einige Hundert, im Wendland auch gerne einmal einige Tausend.

Der Wendland-spezial-Erfinder heißt Wam Kat, ist Niederländer und unter anderem Mitbegründer des Kollektivs „Rampenplan“. Seit rund 30 Jahren kocht er insbesondere bei Großdemos – und in der Vergangenheit immer wieder auch bei den Castor-Transporten ins Wendland. Sein Buch „Wam Kat’s 24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“, das ich mir vor Kurzem zugelegt habe, ist eine eigenwillige Mischung aus Autobiographie und  vegetarisch/veganem Kochbuch und liefert gleichermaßen kenntnisreich wie unterhaltsam Einblicke in verschiedene soziale Bewegungen.

Wam Kats "24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung" - erscheinen bei orange press

Wam Kats „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“ – erscheinen bei orange press

Jetzt aber erst einmal zu „Wendland spezial“: Traditionell besteht es aus Kartoffelpüree, gebackenem Fenchel und Salat. „Wenn du das gegessen hast, bist du so satt, dass du nie wieder aufstehen willst.“ meint Wam Kat. Hilfreich bei Sitzblockaden. Das leuchtet ein.

Die Hauptzutaten für "Wendland spezial": Fenchel, Süßkartoffeln, grüne Bohnen

Die Hauptzutaten für „Wendland spezial“: Fenchel, Süßkartoffeln, grüne Bohnen

In seinem Kochbuch bietet er eine „sophisticated version“ seines Wendland spezials: mit Süßkartoffeln statt Kartoffeln und mit grünen Bohnen und Tomaten. Bei mir kam noch eine gute Handvoll Cashewnüsse hinzu, die ich eine gute Stunde vorher in ein wenig Wasser eingeweicht hatte.

Auf den von ihm vorgeschlagenen Salat aus Wildkräutern habe ich verzichtet. Wegen der Jahreszeit. Und auch, weil ich mit drei Töpfen auf dem Herd die Grenzen meiner Multitaskingfähigkeiten eindeutig erreicht hatte. Wie machen das nur die Volxküchen, die deutlich größere Mengen an Waren zu besorgen, zu lagern, zu schnippeln, zu verarbeiten und zu servieren haben? Rein logistisch, meine ich. Es ist mir ein Rätsel.

blachierter Fenchel

blachierter Fenchel

Anders als im Rezept angegeben habe ich den Fenchel nicht roh paniert, sondern vorher kurz blanchiert. Die Panade habe ich laut Rezept aus 4 Esslöffeln Sojamilch, 1 Esslöffel Mehl, 1 Teelöffel Paprikapulver und einer ordentlichen Prise Salz angerührt.

Tierisch

Sehen aus wie kleine Säugetiere, denen man Kopf und Füße abgehackt hat – sind aber Fenchelhälften.

Kurz paniert und wenige Minuten von beiden Seiten in heißem Öl ausgebraten.

Fenchel in der Pfanne

Fenchel in der Pfanne

Die grünen Bohnen (drei Hände voll) habe ich in ein wenig Salzwasser soweit gegart, dass sie noch knackig waren. Vor lauter Eifer habe ich dabei erstens vergessen, ein Foto zu machen und zweitens die Lust verloren, allzu genau im Rezept nachzulesen. Was jetzt folgt, ist also nur teils Original-Wam-Kat, teils ist es Frei-Schnauze. In einer Pfanne 1 Zwiebel und 1 Knoblauchzehe (klein geschnitten natürlich) in ein wenig Olivenöl andünsten, mit einem Schuß Rotweinessig ablöschen, 1 Teelöffel Thymian dazu sowie eine Handvoll geviertelte Kirschtomaten. Einige Minuten schmurgeln lassen, dann die Bohnen dazugeben, noch einmal eine Weile schmurgeln lassen. Petersilie , Salz und Pfeffer und ein wenig Zitronensaft dazu, fertig.

Süßkartoffeln mit Cashew-Sahne: Stampfen!

Süßkartoffeln mit Cashew-Sahne: Stampfen!

Die Süßkartoffel (ein recht großes Exemplar) habe ich in Gemüsebrühe gegart, die Brühe anschließend abgegossen. Die eingeweichten Cashewnüsse habe ich zusammen mit dem Wasser im Mixer zu „Cashew-Sahne“ verarbeitet (geht im Zweifelsfall auch mit dem Pürierstab) und zu den Süßkartoffeln gegeben. Dann, klar, war Stampfen angesagt. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, Muskat.

Dinner is prepared

Dinner is prepared

Lecker. Nahrhaft. Sättigend.

Andere Gerichte in Wam Kats Kochbuch heißen „Friedensburger“ (mit rein pflanzlicher Mayo und selbstgemachten Ketchup) oder „Sitzblockade“ (Kartoffelpüree mit Endiviensalat) und stehen schon auf meiner Liste für die nächsten Kochaktionen. Zunächst aber will ich mich in all das Wissenswerte vertiefen, das das Buch neben den reinen Kochrezepten liefert. Kann Essen die Welt verändern? Wam Kat meint: Ja.

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And it burns, burns, burns… – Brennnessel-Lasagne zum Monatsende

Brennnessel und Sauerampfer

Die Hauptzutaten für das heutige Abendessen: Brennnessel und Sauerampfer

Es gibt Gerichte für hohe Feiertage (Wendländische Hochzeitssuppe, Vanillekipferl…) – und es gibt Gerichte für Monatsenden. Heute ist letzteres angesagt. Heute ist der Tag für eine kostengünstige Mahlzeit aus Kühlschrank-Resten und dem, was Mutter Natur so hergibt. In diesem Fall: Brennnessel-Lasagne.

Sechsmal so viel Kalzium wie Kuhmilch, siebenmal so viel Vitamin C wie Orangen und sogar bis zu 40 Prozent Eiweiß, außerdem große Mengen an Silizium, Magnesium, Vitamin A, Eisen: Wieso habe ich bis heute noch nie Brennnesseln gegessen?

In Notzeiten, z. B. in den mageren Nachkriegsjahren, waren Brennnesseln als Frühjahrsgemüse sehr beliebt. Meine Oma Betty hat davon immer geschwärmt. Genauso wie von Löwenzahnsalat mit Gänseblümchen. Aber auf den Tisch kam es – meines Wissens – nie. Bis heute gilt es eher als „Arme-Leute-Essen“. Das Zeug wächst ja nun auch überall – außer in der Antarktis, sagt Wikipedia.

Brennhaare

Pfiffige Brennnessel: Zum Schutz vor Frassfeinden (ich bin einer davon) hat die Brennnessel fiese Brennhaare entwickelt – hier im Gegenlicht gut zu erkennen.

Der Geschmack von Brennnesseln soll sehr spinatähnlich sein, hatte ich gelesen. Ich liebe Spinat in allen Variationen. Warum also nicht auch diesem Allerweltsgemüse einmal eine Chance geben?

Anders als Rüdiger Nehberg, den ich neulich in der Glotze mit bloßen Händen Brennnesseln habe ausrupfen sehen, um sich im Wald aus Ästen und Brennnessel-Strünken einen Unterschlupf zu klöppeln, hatte ich für die Ernte ein paar Gummihandschuhe dabei.

Fünf Brennnessel

***

Dummerweise hatte ich vergessen, dass Brennnessel ein klassisches Frühlingsgemüse ist. Ich musste darum ziemlich lange suchen, bis ich genügend Brennnessel gefunden hatte, die noch nicht blühte und noch nicht von Käfern zerfressen war. Außerdem kommen nur die ganz jungen zarten Blatttriebe zum Verzehr infrage. Ich war froh, als ich am Feldrand auch noch ein wenig Sauerampfer entdeckte. Mit zwei Händen voll Sauerampfer konnte ich meine magere Brennnessel-Ernte ein wenig strecken. Mit einem knapp gefüllten Fünf-Liter-Eimer ganz junger Blatttriebe kam ich nachhause.

Fünf Brennnessel

Fünf Brennnessel-Blätter in der Hand zu halten, soll helfen, frei von Furcht und bei kühlem Verstand zu bleiben. Man kann’s ja mal probieren.

Die Blätter habe ich gewaschen und mit den Händen ordentlich durchgewalkt. Angeblich soll sich das Problem mit den Brennhaaren dann ruckzuck erledigen. Da ich aber ein Schisser bin, habe ich die Handschuhe auch zum weiteren Kleinschnippeln lieber anbehalten.

Das Rezept für die Brennnessel-Lasagne habe ich aus dem Kochbuch „Greenbox“ von Tim Mälzer entliehen. Im Original ist es das Rezept „Brokkoli-Canneloni mit scharfer Tomatensauce“.

Die Zutaten:

  • Olivenöl
  • 1 Zwiebel
  • 1 Teelöffel Thymian
  • 1 kleiner Eimer voll junger Brennnessel-Triebe und Sauerampfer-Blätter
  • 2 ordentliche Esslössel Quark
  • 1 Ei
  • 9 Lasagne-Platten
  • Salz, Pfeffer, Muskat
  • 1 kleine Dose Tomaten
  • 1 getrocknete Chili-Schote
  • Oregano
  • 1 Mozzarella

Zwiebel in Olivenöl andünsten, die klein geschnittenen Brennnesseln und den Sauerampfer sowie den Thymian dazu geben und mit ein wenig Wasser gar dünsten. Etwas abkühlen lassen. Das Brennnessel-Gemüse mit dem Quark und dem Ei vermengen und mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.

Abwechselnd Lasagne-Platten, Brennesseln, Lasagne-Platten, Brennnesseln und Lasagne-Platten in eine Auflaufform schichten. Obendrauf die Dosentomaten geben. Mit Salz, Oregano und der Chilischote würzen.

Im auf 200 Grad vorgeheizten Backofen 30-40 Minuten garen lassen. 15 Minuten vor Ende der Garzeit den zerteilten Mozzarella auf den Tomaten verteilen.

Brennnessel-Lasagne

Brennnessel-Lasagne: lecker duftend kommt sie aus dem Ofen

Die Lasagne noch kurz außerhalb des Ofens ruhen lassen – dann lassen sich die einzelne Stücke leichter anschneiden.

Brennnessel-Lasagne

Sehr lecker – und geschmacklich nicht viel anders als Spinat-Lasagne.

Optisch kommt die Lasagne auf dem Teller etwas wild daher… dafür schmeckt sie umso leckerer.

 

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Nachgekocht: „Zusammengekochtes“

Kleines Bilderrätsel: Was gibt es heute zum Abendessen?

Bei meiner wendländischen Oma gab es früher oft “Zusammengekochtes”. Bis vor wenigen Tagen dachte ich Ahnungslose, das sei eine ureigene Wortschöpfung meiner Oma gewesen. Weit gefehlt. 

Bis weit ins 19. und 20. Jahrhundert gehörte „Zusammengekochtes“ vor allem in Norddeutschland zum Ernährungsalltag. „Zusammengekochtes“, andernorts auch als “Durcheinander” bezeichnet, beschreibt dabei eigentlich nichts anderes als die jahrtausendealte Technik, alle Zutaten eines Gerichts zusammen in einem Topf zu kochen. Kennt bis heute jeder vom Camping: eine Kochflamme – ein Topf.

Der heute gebräuchliche Name “Eintopf”, der im wesentlichen das Gleiche meint, ist dagegen keineswegs so alt wie man vermuten würde. Im Duden tauchte das “Eintopfgericht” überraschenderweise erst ab 1934 auf. Der Wikipedia-Beitrag zum Stichwort Eintopf ist lesenswert. Mehr dazu, wie der Eintopf beispielsweise von den Nazis ideologisiert wurde, gibt es in der Chronik des Deutschen  Historischen Museums Berlin nachzulesen. – Da wirft man sich irgendwelches Gemüse in den Topf und ahnt gar nicht, wieviel Geschichte sich dahinter verbirgt…

Ein weithin bekannter Klassiker der norddeutsch zusammengekochten Küche ist „Birne, Bohnen und Speck“. Erst im Oktober 2013 machte ein Birnen-Bohnen-und-Speck-Rezept den 1. Platz bei dem Kochwettbewerb „Auf die leckere Tour“ der Metropolregion Hamburg. (Am Rande erwähnt: Den zweiten Platz belegte die Wendländerin Karin Meyer-Kirstein… Genau! Das ist die mit dem Wendlandkochbuch).

Ich kann mich nicht erinnern, „Birnen und Bohnen“ jemals gegessen zu haben. Ein Grund mehr, es einmal auszuprobieren. Praktischerweise bietet mein tolles neues Kochbuch „Deutschland vegetarisch“ * ein Rezept für „Birnen und Bohnen“ – natürlich ohne Speck.

Deutschland vegetarisch – von Stevan Paul und Katharina Seiser (Hg.)

So besonders viele Freunde scheint dieses Gericht indes nicht zu haben – wie eine kurze Umfrage in der Familie zeigte. „Ürgh!“ lautete der kürzeste, wenngleich auch aussagekräftigste, Kommentar.

Hobbykoch Peter Wagner meint auf spiegel.de:

“Das Ergebnis schmeckt [..] nicht nur südlicheren Gaumen eher fremdartig, was jedoch fast immer an der eher hingeschluderten Zubereitung liegt. Allzu strohige, große Stücke von dunkelgrünen Strauchbohnen, mit pfeffrigem Bohnenkraut angespitzt, gepaart mit überreif-süßen, beim Kochen ruck zuck zu einem schmierigen Brei zerfallenden Speisebirnen und gequält von versalzenem, überräucherten, glibberig gekochten Schlabberspeckscheiben – das alles führt dazu, dass jeder halbwegs aufrechte Gourmet einen Riesenbogen um dieses Gericht macht.”

Wagner selbst hat sich an einer “Dekonstruktion” des Klassikers versucht, für das er das Fleisch sage-und-schreibe 23 Stunden schmurgeln lässt. Nun gut. Es soll ein jeder auf seine Weise selig respektive satt werden.

In meiner vegetarischen Variante à la „Deutschland vegetarisch“ spielen neben Birnen, grünen Bohnen und Kartoffeln auch weisse Bohnen eine Rolle.

Birnen und Bohnen – und Bohnen

Zunächst wird aber erst einmal ein Sud angesetzt aus „goldig“ angebratenen Zwiebelspalten, einem Liter Brühe und einem Lorbeerblatt. Das Rezept sieht eigentlich auch Bohnenkraut vor – bei mir ersetzt durch Thymian.

Der Sud

Im Unterschied zu vielen anderen Birnen-und-Bohnen-Rezepten, die ich durchforstet habe, sieht das Rezept aus „Deutschland vegetarisch“ vergleichsweise „humane“ Kochzeiten vor. Bei manch anderem der herkömmlichen Rezepten möchte man am liebsten die Bohnenschützer alarmieren… rettet das Grünzeug!

Nacheinander – je nach Garzeit – gibt man Kartoffeln, dann die grünen Bohnen und erst fünf Minuten vor Schluss die Birnen in den Sud. Zuletzt fügt man die weissen Bohnen und jede Menge Petersilie hinzu und lässt das Ganze noch einmal kurz aufwallen. Dazu gibt es in Butter mit Majoran gebräunte Brösel. Und so unerwartet appetitlich sieht das Ganze aus:

Birnen und Bohnen mit leckerer Bröselage

Die Brösel sind lecker. Die Bohnen und Kartoffeln auch. Und die süßen Birnen dazu schmecken keineswegs so exotisch wie befürchtet. Essbar – lautet das Resümee. Aber das Gericht ist nun doch nicht so spektakulär lecker, dass ich es so schnell wieder kochen werde. Oder doch?

Welche anderen Gründe könnte es geben, Birnen und Bohnen häufiger auf den Tisch zu bringen? Vielleicht ritualmagische. Scott Cunningham** empfiehlt:

„Wenn Sie ihren Wohlstand vergrößern wollen, nehmen Sie Bohnen in ihren Speiseplan auf.“

Denn diese stehen für Merkur, das Luft-Element – und Geld. Und warum Birnen?

„Man verzehrt diese Früchte für ein langes Leben, und für Geld – …“

Na dann.

* Stevan Paul, Katharina Seiser (Hg.): Deutschland vegetarisch. Wien 2013.
** Scott Cunningham: Magie in der Küche. Mit Liebe kochen. Überarb. Aufl. 2005.

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Nachgekocht: Wendländische Hochzeitssuppe, vegetarisch

Kein hoher Feiertag, aber ein arbeitsfreier Tag – und darum Zeit, heute endlich mal Wendländische Hochzeitssuppe nachzukochen.

Bevor der liebe Gott Antipasti erfunden und dafür gesorgt hat, dass diese irgendwann auch auf wendländischen Teller landen, war bei größeren Feierlichkeiten in dieser Ecke Deutschlands nur eine Vorspeise erlaubt: die „Wendländische Hochzeitssuppe“.

Egal ob Omas runder Geburtstag oder goldene Hochzeit: Irgendwie gehörte dieses Süppchen immer dazu. Natürlich hat Karin Meyer-Kirstein es in ihrem Wendland Kochbuch verewigt. Und der Rundlingsverein hat der Wendländischen Hochzeitssuppe sogar eine eigene Ansichtskarte gewidmet.

Wendländische Hochzeitssuppe auf einer Ansichtskarte

Es scheint diesen Klassiker in unzähligen Variationen zu geben: als Kieler Hochzeitssuppe, als Altmärker, als Friesische… Gemeinsam ist ihnen eine klare Fleischbrühe, die dann jeweils regional unterschiedlich „angereichert“ wird (sagt wikipedia). Ich kenne diesen Klassiker mit Fleischklösschen, Hühnerfleisch, Spargel und Eierstich.

Eine vegetarische Variante der Hochzeitssuppe ist mir bislang noch nicht untergekommen, selbst nicht in der ultimativen Rezept-Fundgrube chefkoch.de. Ich habe dieses Süppchen also einmal vegetarisch nachgekocht. Die Fleischklösschen habe ich durch Griessklösschen ausgetauscht und die Fleischbrühe durch – natürlich – Gemüsebrühe. Nachdem ich schon einmal dabei war, habe ich die Gemüsebrühe selbst gekocht – eine Premiere.

Jede Menge Gemüse: Schnippeln!

Dafür habe ich  etwa 1  1/2 kg Gemüse (in  diesem Fall waren es Zwiebeln, Lauch, Möhren, Brokkoli, Sellerie und Kohlrabi) zunächst in ein wenig Olivenöl gedünstet, dann mit drei Litern Wasser aufgegossen,  zwei Lorberblätter, ein Stück Ingwer, einen halben Teelöffel Salz, ordentlich Pfeffer und einen Teelöffel Kurkuma dazugegeben und das Ganze ca. 60 Minuten köcheln lassen. Dann abseihen. Fazit: erstaunlich, wieviel Geschmack in Gemüse so stecken kann – auch mit wenig Salz. Aber: Der zeitliche Aufwand ist etwas lästig und die olle gekörnte Gemüsebrühe aus dem Glas schmeckt auch nicht schlechter, also… demnächst gibt’s wieder die fixe Variante.

Auch Eierstich hatte ich noch nie selbst gemacht. Und: Ist das nicht ein Mörder-Eierstich geworden?

Mörder-Eierstich in Stücken

Ich komme mir nur ein ganz klein bißchen albern vor, mich über diesen wunderhübschen Eierstich so sehr zu freuen. Das dollste war die Erkenntnis, dass diese leckere Suppen-Zutat absolut simpel herzustellen ist. Warum bin ich nicht früher schon einmal darauf gekommen? Das Rezept: 2 ganze Eier und 2 Eigelb mit 200 ml Milch, etwas Salz, Pfeffer und Muskat gründlich vermixen, in eine gebutterte kleine Auflaufform füllen und im Backofen bei 180 Grad 40 bis 50 Minuten stocken lassen. Stürzen. In Stücke schneiden.

Nächster Schritt: die Griessklösschen.

Griessklösschen – jedes Stück ein Unikat

Griessklösschen liebe ich. Griessklösschensuppe gehört seit vielen Jahren zu meinen Alltagstauglich-und-geht-immer-Rezepten. Weiche Butter mit Hartweizengriess, einem Ei, Petersilie, etwas Muskat und Salz vermengen (die genauen Mengenangaben stehen im Foto unten). Alles für 15-20 Minuten an einem warmen Ort ein wenig ruhen lassen. Dann kleine Klösschen formen.

Griessklösschen – die Zutatenliste

In der Brühe werden die Klösschen am Ende etwa doppelt so groß. Da kleine Klösschen irgendwie netter aussehen, macht es Sinn, sich beim Formen möglichst zierlicher Klösschen etwas Mühe zu geben. Ich bin dafür in der Regel leider zu ungeduldig. Darum werden meine Klösschen auch immer ziemliche Bollermänner – dem Geschmack tut das natürlich keinen Abbruch.

Dann geht’s an die eigentliche Suppe: Dafür etwa 1 1/2 Liter Gemüsebrühe zusammen mit 1 Stange Lauch (in feinen Ringen) und 2, 3 Möhren in Scheiben aufkochen. Sobald die Brühe kocht die Klösschen dazugeben – dabei aufpassen, dass die Suppe nicht zu heftig brodelt. Griessklösschen haben’s in den ersten fünf Minuten gerne heiß, aber nicht zu heftig sprudelnd. Dann kommt der Deckel drauf und man lässt das Ganze bei minimaler Hitze noch einmal 15 Minuten ziehen. Kurz vor Schluß habe ich um der Originaltreue willen noch Spargel (aus dem Glas, naja) dazu gegeben. Und natürlich den Eierstich.

Wendländische Hochzeitssuppe – Nachschlag bitte!

Fazit: Lecker!

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